Die neue Linkspartei ist eine alte Partei, es gibt sie seit fast hundert Jahren. Wieder einmal haben die Kommunisten es geschafft, sich einen irreführenden Namen zu geben und die Spuren der Vergangenheit zu verwischen. Doch diese Linkspartei ist die PDS, und die PDS ist die SED, also jene Partei, die verantwortlich ist für die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen und die Mißwirtschaft in der DDR, und die ein halbes Jahrhundert lang die Ostdeutschen unterdrückt und mißachtet hat. Und die, solange sie an der Macht war, alle linken Ideale mit Füßen getreten hat. Nach der friedlichen Revolution in der DDR log man sich die Geschichte zurecht und behauptete, die Ursprünge der Partei lägen im Aufbruch des Herbstes 1989. Im aktuellen Wahlprogramm ist die verhängnisvolle Vergangenheit mit keiner Silbe erwähnt. Man nennt sich frech "Linkspartei", und es scheint niemanden zu stören.
Wieder verfährt man nach einem bewährten Konzept: Man holt sich attraktive Verbündete ins Boot und frißt eine Zeit lang Kreide. In den vierziger Jahren nannte man das "Volksfront" und "Nationalkomitee", in der DDR "Sozialistische Einheitspartei" und "Nationale Front". Und nun also "Linkspartei". Lenin, der Vater dieser simplen Taktik, machte keinen Hehl aus der Absicht und nannte die Verbündeten "nützliche Idioten". Sie waren dann immer die ersten, die als Abweichler, als Trotzkisten oder Sozialdemokraten, den kommunistischen Säuberungen zum Opfer fielen. Millionen von ihnen wurden umgebracht. Wer heute diese Partei wählt, muß wissen, was ihm droht, wenn sie an die Macht kommt. Es gibt in der Geschichte nicht ein Beispiel für einen demokratischen, einen "menschlichen Sozialismus". Die Geschichte dieser Ideologe ist eine Geschichte des Terrors, der Unterdrückung, der Menschenverachtung: Rußland, die Mongolei, China, Kambodscha, die baltischen Staaten, Ungarn, die Tschechoslowakei, Kuba, die DDR. Warum sollte es diesmal anders sein?
Daß eine Partei, die mit einer solchen Vergangenheit belastet ist, sich Linkspartei nennt, ist eine Anmaßung und beleidigt all ihre Opfer. Links, das steht für die Ideale der französischen Revolution, für Freiheit, Gleichheit, Solidarität. Das steht für die Achtung der Menschenrechte, für Demokratie. Links, das ist keine Ideologie, sondern eine Haltung. Keine Partei hat das Recht, diese Bezeichnung zu okkupieren. Gerade, wer sich als Linker fühlt, darf sich nicht zum nützlichen Idioten machen und muß der PDS, der Partei der Populisten und Demagogen, entgegentreten.
Was die PDS wirklich will, und was sie mit dem zeitweiligen Bündnis mit der westdeutschen Wahlalternative bezweckt, kann man in ihrem Strategiepapier zur Bundestagswahl nachlesen. Im Klartext steht dort, daß sie das Volksfrontbündnis allein dazu braucht, um - so wörtlich - "mit größtmöglicher Kraft und uneingeschränkt" wieder in den Bundestag einzuziehen. Im Linksbündnis beansprucht sie, die "stärkste Kraft" zu sein. Auch das ist nicht neu; in der DDR maßte sich die SED die "führende Rolle" sogar per Verfassung an. Die Bundestagswahl sei, so das Strategiepapier, ein Referendum über die Richtung der Politik und den Einstieg in einen anderen Entwicklungsweg Deutschlands. Daß eine Entwicklung, wie sie der PDS vorschwebt, eine andere Bundesrepublik bedeuten würde, die nicht die des Grundgesetzes ist, offenbaren alle bisherigen Programme der PDS. Auch das aktuelle Wahlprogramm verschweigt das nicht.
Wem aber das Studium der ideologielastigen Pamphlete zu mühevoll ist, findet auf der Website der Sozialisten einen Wahl-Check, der entlarvender nicht sein könnte. Er sagt alles über das Demokratieverständnis dieser Partei aus, über ihre tiefe Verachtung mündiger Bürger, ihren Haß auf das Volk. Anhand von Fragen und Antworten sollen die Wähler herausfinden, wie sie sich politisch einordnen können. Vier der Antworten sind jeweils dem Programm der Sozialisten entnommen, eine fünfte beschreibt die angeblichen Alternativen anderer Parteien. Das ist, wie immer bei der PDS, eine wüste Mischung aus Ideologie und Demagogie, aus Propaganda und flotten Sprüchen. Und verspricht unterschwellig, wie auch das Wahlprogramm, den neosozialistischen Himmel auf Erden. Aber es gibt nicht einen ernsthaften Vorschlag, wie all diese Errungenschaften zu finanzieren sind.
Wer seine Wähler ernst nimmt, belügt sie nicht und macht keine uneinlösbaren Versprechungen. Das gilt für jede Partei. Es ist unanständig, unerfüllbare Hoffnungen zu wecken, nur um sich und seiner Clique Macht und Wohlstand zu sichern. Das aber war immer das Ziel der SED und ihrer Ableger, und ist es auch in der jüngsten Mutation. Diese "Linkspartei" ist nicht links, sie ist reaktionär.